"Hobby 11:" Faulheit

Ein Sonnenstrahl legt etwa 150 Mio Kilometer zurück, bevor er auf die Erde trifft. Es wäre doch schade, wenn er diesen Weg umsonst gemacht hätte. Ich bin schon da. Den ganzen Sommer steht bei uns im Garten eine Liege. Dort ruhe ich mich in der Sonne aus - schon lange bevor ich müde werde.

Faul sein kann man. Oder man kann es nicht. Ich kann es. Schon in der Firma konnte ich nur unter Zeitdruck arbeiten. Wenn ich 'ne Rede reden musste, dann wurde die erst 30 Sekunden vorher fertig. Und jetzt drängt Katharina mich immer wieder zur Arbeit. Am meisten ärgere ich mich über Arbeiten, die auch im nächsten Jahr gemacht werden könnten. Ich habe da wirklich keinen leichten Stand. Wenn es nach Katharina ginge, würde die 8-Tage-Woche eingeführt. Aber was kann an Arbeit gut sein, wenn die Reichen sie den Armen ueberlassen.

Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben: Wenn die Sonne scheint, ist Katharina ein ausgewechselter Mensch. Sie hat ihre eigene Liege und saugt die Sonne in sich auf. Deshalb fahren wir auch zweimal im Jahr in die Waerme. In den Hamburger Frühjahrs- und Herbstferien geht es ab in die Sonne. Meistens sind die Kanarischen Inseln unser Ziel. Die sind nicht zu weit weg, und das Wetter ist bärenstark. Ich kann nicht verstehen, dass jemand fuer Mallorca schwärmt. Dort ist es im Sommer zu heiss und im Winter zu kalt. Und Alkohol mit dem Strohhalm ist sowieso nicht mein Ding. Auf den Kanaren ist es durchgehend das ganze Jahr schön - ach was schön: es ist spitzenmässig. Und die Gelenke, die du hier bei jeder Bewegung spürst, sind bei dem warmen Wetter gar nicht existent! Aber glaubt man nicht, dass wir nur in der Sonne liegen. Das halten auch wir Sonnenfans nicht aus. In der Regel haben wir im Urlaub einen Mietwagen. Vormittags unternehmen wir etwas (Kultur und Kommerz), nachmittags geht es ab in die Sonne.

(In der Zwischenzeit sind wir ja nun im Winter auf Teneriffa. Die Frühjahrs- oder Herbst-Ferien haben keine Bedeutung mehr. Wir beide sind Rentner. Deshalb machen wir jetzt Städtereisen im Sommer. 2002 waren wir in Prag und in Wien. Denn Sonne haben wir im Winter wirklich genug.)

Faul sein ist wunderschön. Lieber ein faules Genie als ein fleissiger Idiot. Sonne und Faulheit - das ist ein Promotionsthema. Ich muss nur noch einen Doktorvater finden. Ehrlich, zum Promovieren wäre ich viel zu faul. Mein jüngster Sohn hat gerade seinen Doktor bekommen, ich weiss, wovon ich rede. Zeit zu haben, d.h. sie sich nach seinem Gusto einzuteilen, ist schon fantastisch. Die Leute, die niemals Zeit haben, die tun am wenigsten. Das ist eine uralte Erfahrung aus meiner aktiven Zeit. Eigentlich habe ich ganz gerne gearbeitet. Nur das frühe Aufstehen hat mich fertig gemacht. Ich kann gut aufstehen, nur morgens nicht.

P.S.:

Heiliger St. Benedikt,
    ich bin schon wieder eingenickt.

P.S.2:

Letzte Woche habe ich mir das Buch "Faulheit ist das halbe Leben" gekauft - ein Buch, das Mut macht zum Muessiggang. (Mosaik-Verlag). Ich habe es mit grossem Fleiss gelesen. Faul und gesund! Wer nichts tut, hat mehr vom Leben. Wer langsam lebt, bleibt lange jung. Das ist doch etwas, an das ich mich gewoehnen koennte. Das Buch gibt sich einen wissenschaftlichen Anstrich, viele alte Huete sind darin enthalten (was die gesunde Lebensweise betrifft), und ich muss auch nicht alles glauben, was dort steht. Aber davon traeumen moechte ich schon.

P.S.3:

Heute waren wir mit unser Geologengruppe in Gross-Pampau. Die Fundlage war sehr maessig, das Wetter saumaessig und so sind wir ins Pahlhuus nach Zarrentin gefahren. (Wir wollten natuerlich auch bei Wolters Kaffee und Kuchen geniessen. Das machen wir immer, wenn wir in der Naehe sind.) - Das Pahlhuus ist ein Info-Zentrum zum Biosphaerenreservat Schaalsee. Und das Tollste dort ist - ich bitte alle um Entschuldigung, die das Pahlhuus mit so viel Liebe und Verstand einrichtet haben - jetzt kommt's: eine "Nichts-Tun-Couch". Du kannst die Beine hochlegen, den Ausblick geniessen, wenn du denn noch so viel tun moechtest. Der "Nichts-Tun"-Effekt kann durch Kopfhoerer noch verstaerkt werden, z.B. durch klassische Musik. Das Schoenste aber ist: auf einem Kopfhoerer laeuft frei nach Heinrich Boell "Die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral" Na, ist das nichts?




Ich bin natuerlich auch zu erreichen unter:

Klaus@Katzenstein.de

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Hamburg, den 15. November 2002